Familienrecht aktuelles


Ehe für alle

Das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts ist am 01. Oktober 2017 in Kraft getreten. 

Unterhaltsvorschuss - Längere Unterstützung für Alleinerziehende

Das neue Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) ist rückwirkend zum 1.7.2017 in Kraft getreten. Die Bundesregierung hat den staatlichen Unterhaltsvorschuss auf Kinder bis zum Alter von 18 Jahren ausgeweitet. Alle minderjährigen Kinder von Alleinerziehenden bis 18 Jahre haben somit seit dem 01.07.2017 einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Bisher erhielten Kinder von Alleinerziehenden lediglich bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres einen Unterhaltsvorschuss. Die Bezugsdauer war bislang auf sechs Jahre begrenzt. Diese Begrenzung wurde nun aufgehoben.

DAV: Vorschlag zur Reform des Ehegatten-Unterhaltes 

Der DAV hat durch seinen Familienrechtsausschuss Reformvorschläge für den nachehelichen Ehegattenunterhalt formuliert, um diesen einfacher zu strukturieren und planbarer zu machen. Im Kern besteht der Vorschlag darin, die derzeitigen sieben sogenannten Unterhaltstatbestände auf nur noch drei zu reduzieren. 
Betreuungsunterhalt: In den ersten drei Jahren nach der Geburt des gemeinsamen Kindes muss der betreuende Elternteil keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Macht er es doch, werden Einkünfte daraus auf seinen Unterhaltsanspruch nicht angerechnet. Für den betreuenden Elternteil soll damit ein Anreiz geschaffen werden, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. 
Kompensationsunterhalt: Die finanziellen Nachteile, die ein Ehegatte auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, sollen ausgeglichen werden. Die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs wird nicht an den ‚ehelichen Lebensverhältnissen‘ bemessen. Grundlage soll stattdessen das hypothetische Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten sein, das dieser – die Ehe und deren Rollenverteilung hinweg gedacht –  erzielen würde.
Der Übergangsunterhalt:  Eine Übergangszeit nach der Ehe gibt dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Möglichkeit, seinen Lebensstandard ohne große Brüche auf das ‚angemessene Maß‘ zu reduzieren. Maßstab ist das Lebensniveau, welches der Unterhaltsberechtigte aus eigener Erwerbstätigkeit erreichen könnte. Der Übergangsunterhalt soll in der Regel einen Zeitraum von zwei Jahren nicht überschreiten und orientiert sich in der Höhe an den ehelichen Lebensverhältnissen.

DAV-Pressemitteilung; DAV-Initiativstellungnahme Nr. 4/2017

OLG Celle: Anerkennung einer standesamtlichen Eintragung bei Leihmutterschaft

Eine ausländische standesamtliche Eintragung der rechtlichen Eltern bei Leihmutterschaft stellt eine nach § 108 FamFG anerkennungsfähige Entscheidung dar. Das hat das OLG Celle entschieden. Zum Schutz des Kindes kann demnach die nachträgliche Anerkennung des nach fremdem Recht begründeten Eltern-Kind-Verhältnisses auch bei einer Leihmutterschaft erforderlich sein. 

Az 17 W 8/16, Beschluss vom 22.5.2017

BGH: Grenzen des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt

Die Unterhaltspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt noch zumutbar ist. Dies wird nicht nur durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt, sondern auch dadurch, ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Denn zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. 
Wenn der Unterhaltspflichtige von dem Ausbildungsplan erst zu einem Zeitpunkt erfährt, zu dem er nicht mehr damit rechnen muss, zu weiteren Ausbildungskosten herangezogen zu werden, kann eine Unterhaltspflicht unzumutbar sein. Das war hier der Fall. Der Vater hatte jahrelang keinerlei Kontakt zu seiner nichtehelichen Tochter und während dieser Zeit auch keinen Unterhalt zahlen müssen. Erst als sie 26 Jahre alt war, erfuhr er, dass sie ein Medizin-Studium begonnen hatte. Sie erhielt Vorausleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), die das Amt jetzt von ihrem Vater zurückforderte. Vergeblich, denn nach dem Amtsgericht und dem Oberlandesgericht lehnte das auch der Bundesgerichtshof ab.
Az XII ZB 415/16, Beschluss vom 3. Mai 2017, BGH-Pressemitteilung

BGH: Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags

Es geht um die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen im Fall der sog. Unternehmerehe.
Außerdem geht es um das Erfordernis, in einer Unterhaltsfolgesache einen bestimmten Antrag in der Beschwerdeinstanz zu stellen und diesen zu begründen.

Az XII ZB 109/16, Beschluss vom 15.3.2017, Bericht in der SZ von Wolfgang Janisch

BGH: Auswirkungen beim Wohnungswechsel des unterhaltsberechtigten Kindes

Allein der Umstand, dass das unterhaltsberechtigte Kind während eines von der Unterhaltsvorschusskasse betriebenen vereinfachten Verfahrens in den Haushalt des Unterhaltspflichtigen wechselt, lässt die Zulässigkeit dieses Verfahrens für Unterhaltsansprüche unberührt, die aus der Zeit vor dem Obhutswechsel stammen.

Az XII ZB 2/16, Beschluss vom 1. März 2017

OLG Braunschweig: Leihmutterschaft - kein Elternstatus nach deutschem Recht

Das bewusste Nutzen der Leihmutterschaft zum Austragen von Embryonen nach der Rechtsordnung eines anderen Staates unter Umgehen der Verbotstatbestände des nationalen Embryonenschutzes steht der nachträglichen Zuerkennung eines dem deutschen Recht entsprechenden Elternstatus der Auftraggeber entgegen.
 
Das Kindeswohl gebietet nicht grundsätzlich eine Anerkennung der auf vertraglicher Grundlage nach ausländischem Recht erworbenen Elternschaft.
Az 1 UF 83/13, Beschluss vom 12.4.2017

BGH: Barunterhalt bei Wechselmodell

Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten. Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Er richtet sich auf den Ausgleich der Unterhaltsspitze, die verbleibt, nachdem die von den Eltern erbrachten Leistungen abgezogen wurden. Das macht ihn zu einem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch, der nur zwischen den Eltern besteht. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern zur Hälfte auszugleichen. Der Ausgleich kann erfolgen, indem er mit dem Kindesunterhalt verrechnet wird.    

Az XII ZB 565/15, Beschluss vom 11.1.2017

OLG Nürnberg: Unterhaltspflicht der Eltern bei Wechselmodell

Erfüllt kein Elternteil beim Wechselmodell bereits durch die Betreuung des Kindes seine Unterhaltspflicht, so haften die Eltern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Verfügen beide Eltern über Einkünfte, ist der Elementarbedarf des Kindes an den beiderseitigen zusammengerechneten Einkünften auszurichten. Für den so ermittelten Bedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen, wobei die erbrachten Naturalunterhaltsleistungen berücksichtigt werden. 
Az 11 UF 673/16, Beschluss vom 20.12.2016

OLG Hamburg: Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 27 VersAusglG für die Zeit des Getrenntlebens kann gerechtfertigt sein, wenn die Eheleute nahezu ein Drittel der Ehezeit voneinander getrennt gelebt haben.
Az 7 UF 115/14, Beschluss vom 22.3.2016 

BGH: Auskunftsanspruch gegenüber Jugendamt

Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB setzt nicht voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht. § 1686 BGB kann in entsprechender Anwendung einem Elternteil auch einen Auskunftsanspruch gegenüber Anspruchsgegnern gewähren, die nicht Elternteil, aber in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem solchen vergleichbar sind, zum Beispiel wie hier das Jugendamt. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 1686 BGB besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls der Umgang mit dem Kind darstellen, aber auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln. Der  Umfang der Informationen, die der Auskunftsberechtigte nach § 1686 BGB beanspruchen kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Elternteil soll in die Lage versetzt werden, sich einen Überblick über die Entwicklung und das Befinden des Kindes zu verschaffen. Az XII ZB 345/16, Beschluss vom 14.12.2016 (s.a. Newsletter 12-16, OLG Hamm)

BGH: Voraussetzungen für familiengerichtliche Weisungen an die Eltern bei Gefährdung des Kindeswohls 

Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer der drohende Schaden wiegt. Die Aufzählung der Ge- und Verbote in § 1666 Abs. 3 BGB ist nicht abschließend, so dass auch andere zur Abwendung der Gefahr geeignete Weisungen in Betracht kommen. Soweit diese einen erheblichen Eingriff in Grundrechte der Betroffenen bedeuten, ist die Regelung in § 1666 Abs. 1 und 3 BGB nur dann eine ausreichende Grundlage, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die in § 1666 Abs. 3 BGB ausdrücklich benannt oder diesen vergleichbar sind. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer gerichtlichen Maßnahme nach § 1666 BGB ist auch das Verhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs in die elterliche Sorge und dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für das Kind zu beachten. Nur wenn der Schaden mit erhöhter Wahrscheinlichkeit eintritt, also mit ziemlicher Sicherheit, ist es verhältnismäßig, die elterliche Sorge - auch teilweise - zu entziehen.
Az XII ZB 149/16, Beschluss vom 23.11.2016, BGH-Pressemitteilung

BGH: Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Namensänderung

Die Entscheidungsbefugnis über die Namensänderungen eines Kindes darf einem Elternteil nicht übertragen werden, wenn sich nach umfassender Amtsaufklärung ergibt, dass die Namensänderung für das Kindeswohl nicht erforderlich ist. Az XII ZB 298/15, Beschluss vom 9.11.2016

BGH: Erwerbsobliegenheit des Elternteils bei Rentenbezug

Hier geht es um den Umfang einer Erwerbsobliegenheit des Elternteils, der eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht. Der minderjährige Sohn, vertreten durch seinen Vater, macht gegen seine psychisch kranke Mutter Kindesunterhalt geltend. Az XII ZB 227/15, Beschluss vom 9.11.2016

OLG Hamm:  Begrenzung des Nachscheidungsunterhalts wegen Änderung der Geschäftsgrundlage

Der in einem Vergleich vor der Einführung des § 1578 b BGB geregelte Nachscheidungsunterhalt kann wegen Änderung der Geschäfts-grundlage durch eine Begrenzung oder eine Befristung abgeändert werden. Das ist jedoch nur dann möglich, wenn die Vereinbarung der Beteiligten keinen abschließenden Charakter hat. Die Scheidungsfolgenvereinbarung hat dann abschließenden Charakter, wenn die Unterhaltsregelung auch im Hinblick auf einen Zugewinnausgleichsanspruch abfindenden Charakter hat. Bei der Berechnung des ehe-bedingten Nachteils sind ehebedingte Vorteile - hier ein Wohnvorteil - zu berücksichtigen. Az 13 UF 34/15, Beschluss vom 4.11.2016

OLG Brandenburg: Wirksamkeit des Ausschlusses von nachehelichen Unterhalts- und Versorgungsausgleichsansprüchen im Ehevertrag 

Ein weitgehender Ausschluss sämtlicher Ansprüche auf Unterhalt und Versorgungsausgleich in einem Ehevertrag ist nicht sittenwidrig, wenn bei Vertragsschluss beide Vertragsparteien wirtschaftlich unabhängig waren, davon ausgingen, dass ihre Ehe kinderlos bliebe, und eine Unterhaltsbedürftigkeit nicht absehbar war. Im Wege der Ausübungskontrolle ist der Versorgungsausgleich dennoch durchzuführen, wenn ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände anderenfalls über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint.
Der Ehegatte, der aufgrund gemeinsam gebilligter Gestaltung der Ehe durch die Familienarbeit erhebliche Versorgungsnachteile erlitten hat, ist wirtschaftlich so zu stellen, wie er bei Weiterführung seiner Erwerbstätigkeit ohne die Kinderbetreuung gestanden hätte.
Az 9 UF 133/14, Beschluss vom 30.6.2016

BGH: Umgangsrecht des biologischen Vaters - erste Entscheidung nach der gesetzlichen Neuregelung vom 13. Juli 2013 

Eine kontinuierliche Weigerung der rechtlichen Eltern, einen Umgang ihres   Kindes mit seinem leiblichen Vater zuzulassen, genügt nicht, um ein   Umgangsrecht grundsätzlich abzulehnen. Ein Mann aus Nigeria hatte im   vorliegenden Fall eine Beziehung mit einer verheirateten Frau, aus der Ende   2005 Zwillinge hervorgegangen waren. Bereits vor der Geburt lebte sie wieder   mit ihrem Ehemann und den drei weiteren gemeinsamen Kindern zusammen. Der   Ehemann wurde auch rechtlicher Vater der Zwillinge. Das Ehepaar lehnte es   wiederholt ab, dem biologischen Vater der Zwillinge Umgang zu gewähren. Das   hatte er seit der Geburt der Kinder gefordert. Nach jahrelangen Prozessen -   bis hin zu einer erfolglosen Verfassungsbeschwerde - gab ihm der Europäische   Gerichtshof für Menschenrechte im Dezember 2011 Recht. Jeglichen Umgang zu   versagen, ohne zu prüfen, ob der Umgang dem Kindeswohl dienlich wäre, stelle   eine Verletzung von Art. 8 EMRK dar. Aber auch im neuen   Umgangsverfahren konnte der Mann sich nicht durchsetzen, wieder unterlag er   vor dem Oberlandesgericht.

Doch mit Wirkung vom 13. Juli 2013 war aufgrund der EGMR-Entscheidung §   1686 a in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Gemäß §   1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB hat der leibliche Vater, solange die   Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, ein Recht auf Umgang mit dem Kind,   wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Voraussetzung dafür ist, dass er   ernsthaftes Interesse für das Kind gezeigt hat. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf,   die auf unzureichenden Ermittlungen beruhe. Mit dem Beschluss legte er zum   ersten Mal die neue Vorschrift aus und präzisierte sie. Auch im Verfahren   nach § 1686 a BGB hat das Gericht das Kind grundsätzlich persönlich   anzuhören.

Az XII ZB 280/15, Beschluss vom 5.10.2016, BGH-Pressemitteilung

OLG Stuttgart: Gemeinsame elterliche Sorge kann Kindeswohl widersprechen

In der Vergangenheit sind sämtliche Vermittlungsversuche unter   Inanspruchnahme professioneller Hilfe zwischen den Eltern ergebnislos   gescheitert. Dann kann eine gemeinsame elterliche Sorge von Eltern, denen es   an jeglicher Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit fehlt, nicht mit der   Begründung aufrechterhalten werden, dass eine Pflicht der Eltern zur   Konsensfindung besteht. Denn dies entspricht nicht dem Kindeswohl.
                                                                                                                                                                                        Az 17   UF 40/16, Beschluss vom 24.8.2016

OLG Hamm: Sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind

Sorgerecht nichteheliche Väter: Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind kann auch dann vorliegen, wenn der rechtliche Vater nie mit der Mutter und dem betroffenen Kind, sondern durchgehend bis zum Zeitpunkt der Entscheidung mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern zusammengelebt hat. Maßgeblich ist auch in diesen Konstellationen, ob der rechtliche Vater für das betroffene Kind tatsächlich Verantwortung trägt. 
Az 12 UF 145/15, Beschluss vom 4.1.2016

AG Bad Hersfeld: Gefährdung von Kindern durch Smartphones

Sorgerecht: Nimmt eine erwachsene Person über digitale Medien, WhatsApp", Kontakt mit dem Kind auf und übersendet Nachrichten mit sexualisierten Inhalten , haben die Kindeseltern dafür Sorge zu tragen, dass ein Kontakt des Kindes zu dieser Person nicht mehr stattfindet. Besteht Anlass zur Sorge um den verantwortungsvollen Umgang des Kindes mit den für es frei zugänglichen elektronischen Geräten und um den hinreichenden Schutz des Kindes vor Belästigung durch Dritte im virtuellen Raum, haben die Eltern mit dem Kind regelmäßig klärende Gespräche zu führen sowie in hinreichenden Abständen gemeinsam mit dem Kind auch Einsicht in dessen elektronische Geräte zu nehmen. Es bestehen grundsätzliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der Nutzung der App "WhatsApp" durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.
Az F 361/16 EASO, Beschluss vom 22.7.2016

BGH: Anerkennung einer Eltern-Kind-Zuordnung zur Ehefrau der Mutter nach südafrikanischem Recht

Die gesetzliche Regelung im südafrikanischen Recht, nach der bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe die Ehefrau der Mutter mit der Geburt kraft Gesetzes zweiter Elternteil (sog. Co-Mutter) des Kindes wird, ist in Deutschland anzuerkennen. Weist das anwendbare ausländische Recht die Elternstellung für ein Kind neben der Mutter kraft Gesetzes auch deren Ehefrau oder Lebenspartnerin zu, so liegt darin kein Verstoß gegen den kollisionsrechtlichen ordre public. Die Anerkennung dieser Eltern-Kind-Zuordnung scheitert auch nicht an der sogenannten Kappungsregelung in Art. 17b Abs. 4 EGBGBEine gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern zugewiesene Elternstellung kann für sich genommen keine Verletzung des ordre public zur Folge haben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verhältnisse einer rechtlich verfestigten gleichgeschlechtlichen Partnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe. Das Kindeswohl steht mithin der Anerkennung nicht entgegen. 
Az XII ZB 15/15, Beschluss vom 20. April 2016, BGH-Pressemitteilung

OLG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Herausgabe befruchteter Eizellen der verstorbenen Ehefrau

Ein Ehemann hat keinen Anspruch auf die Herausgabe befruchteter Eizellen seiner verstorbenen Ehefrau. Eine vertragliche Vereinbarung mit der Klinik und fehlende Eigentumsansprüche stehen dem Herausgabeanspruch entgegen. Es ging um befruchtete eingefrorene Eizellen im sogenannten 2-PN-Stadium (Vorkernstadium).
Az 14 U 165/15, Urteil vom 17.6.2016, OLG Pressemitteilung, weitere Informationen zum Urteil 

BGH: Vaterschaftsfeststellungsklage eines Samenspenders

Soweit ein Samenspender die Feststellung seiner Vaterschaft für einen im Ausland extrakorporal aufbewahrten Embryo begehrt, bestimmt sich das anzuwendende Recht allein entsprechend Art. 19 Abs.1 S.2 EGBGB nach dem Personalstatut des Samenspenders.
Vor der Geburt des Kindes ist nach deutschem Recht eine Vaterschaftsfeststellung ebenso wenig möglich wie die Zuerkennung eines vergleichbaren rechtlichen Status.
Az XII ZB 351/15, Beschluss vom 24.08.2016,BGH-Pressemitteilung

OLG Hamm: Türkischer Brautschmuck

Die Veräußerung des Schmucks durch den Ehemann verletzt das Eigentum der Ehefrau. Brautschmuck, den die Ehefrau türkischstämmiger Brautleute bei einer in der Türkei stattfindenden Hochzeit umgehängt bekommt, gilt regelmäßig als Geschenk für die Braut. Wenn der Ehemann diesen Schmuck ohne Zustimmung der Ehefrau veräußert, kann er ihr gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein. 
Az 4 UF 60/16, Beschluss vom 25.4.2016 

OLG Brandenburg: Ausgleichsansprüche gegen den Ex-Partner

Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Zwischen Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft kommt ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung nur in Betracht, soweit Leistungen über das tägliche Zusammenleben hinaus bei einem oder beiden zu bleibenden Vermögenswerten geführt haben. Vor dem OLG Brandenburg ist ein Kläger mit einem solchen Ausgleichssanspruch gescheitert, da er dessen Voraussetzungen nicht beweisen konnte. Es ging um eine Forderung von 40.000 Euro.
Az 3 U 8/12, Urteil vom 9.2.2016

OLG Celle: Bemessung eines ehebedingten Nachteils

Ehegattenunterhalt: Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann auch darin bestehen, dass der Unterhaltsberechtigte bei Bezug von Lohnersatzleistungen (hier: befristete Erwerbsunfähigkeitsrente, die wesentlich auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht) nicht wie bei einem entsprechend hohen Erwerbseinkommen zugleich auch Altersversorgungsansprüche aufbauen kann. Die Bemessung eines solchen ehebedingten Nachteils kann an einem entsprechenden Altersvorsorgeunterhalt orientiert werden.
Az 10 UF 313/15, Beschluss vom 12.4.2016

BVerfG: Urteilsverkündung in Sachen „Abstammungsklärung“

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie eine Verletzung von Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK wegen Nichtbeachtung des Menschenrechts auf Achtung des Privatlebens. Zu dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gehöre auch das Recht, die Abstammung in einem rechtsförmigen Verfahren klären zu lassen. Dieses Recht habe der Gesetzgeber durch § 1598a BGB nur unzureichend umgesetzt, da der vermutliche biologische, aber nicht rechtliche Vater nicht in Anspruch genommen werden könne. Solange das Interesse an der Klärung der Abstammung - wie hier - keine Zweifel in eine funktionierende soziale Familie hineintrage, sei § 1598a BGB zu Gunsten des Kindes verfassungskonform erweiternd auszulegen. Dies gebiete auch Art. 8 Abs. 1 EMRK sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

BGH: Elternunterhalt bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Leistung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB

Elternunterhalt: Eine Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB  ist bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Elternunterhalt zu berücksichtigen. 
Der unterhaltspflichtige Sohn soll für seinen Vater, der in der eigenen Wohnung betreut wird und Sozialhilfe bezieht, Elternunterhalt zahlen. Der Sohn lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen mit einem gemeinsamen Kind und zwei weiteren minderjährigen Kindern aus der geschiedenen Ehe seiner Lebensgefährtin.  
Der unterhaltspflichtige Sohn kann sich nicht auf einen Familienselbstbehalt berufen, eine eventuelle Unterhaltspflicht gegenüber der nichtehelichen Mutter ist allerdings als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen. 
Az XII ZB 693/14, Beschluss vom 9.3.2016, BGH-Pressemitteilung

OLG Zweibrücken: Hinzufügen des bisherigen Familiennamens bei einer Minderjährigenadoption

Es gelten großzügige Maßstäbe, wenn bei der Volljährigenadoption der bisherige Familienname hinzugefügt werden soll. Dieselben Maßstäbe sind auch auf die Adoption eines Minderjährigen anzuwenden, der wenige Wochen nach dem Erlass des Annahmebeschlusses volljährig wird.
Az 6 UF 94/15, Beschluss vom 18.12.2015

OLG Dresden: Kindesunterhalt - Folgen großer Einkommensunterschiede

Kindesunterhalt: Der betreuende Elternteil kann voll haften, wenn er etwa dreimal so viel verdient wie der nicht betreuende Elternteil. Die Einkommensverhältnisse betreuender Elternteile könnten so an Bedeutung gewinnen. 
Der die Kinder betreuende Vater verdient als Arzt deutlich mehr als die an sich barunterhaltspflichtige Mutter. Er erzielt etwa das Dreifache dessen, was die barunterhaltspflichtige Antragsgegnerin bei fiktiver Betrachtung ihrer individuellen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt maximal verdienen könnte. Dies ist das entscheidende Argument, die Unterhaltspflicht der Antragsgegnerin entfallen zu lassen. 
Der Elternteil, bei dem die gemeinsamen Kinder leben, musste bisher nicht damit rechnen, Auskunft über die eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen zu müssen, wenn er nicht für sich, sondern für die Kinder Unterhalt verlangte. Möglicherweise ändert sich das nach dieser Entscheidung. 
Az  20 UF 875/15, Beschluss vom 4.12.2015

OLG Brandenburg: Entfallen oder Minderung der Unterhaltspflicht

Ehegattenunterhalt: Wenn der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner zusammenlebt, entfällt die Unterhaltspflicht oder sie wird gemindert.  Die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1579 Nr. 2 BGB mit der Folge der Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit setzt nicht zwingend voraus, dass der Unterhaltsberechtigte mit seinem neuen Partner in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Unter welchen Umständen auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden kann, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab.
Az 10 UF 210/14, Beschluss vom 10.11.2015

OLG Brandenburg: Kein Umgangsrecht gegen den Willen des Kindes

Die Erzwingung des Umgangs gegen den erklärten Willen eines fast 15-jährigen Kindes gefährdet dessen Wohl, so der Umgang für einige Zeit auszusetzen ist. Ein dauerhafter Ausschluss des Umgangs ist nur dann möglich, wenn er nach den Umständen des Falls unumgänglich ist, um eine Gefährdung der körperlichen oder seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden, und wenn diese Gefahr nicht auf andere Weise ausreichend sicher abgewehrt werden kann. Ausschlaggebend ist eine Abwägung aller das Kindeswohl und die Entwicklung des Kindes betreffenden Umstände des Einzelfalls.
Selbst wenn das Kind nicht in der Lage ist, die langfristigen Konsequenzen eines Kontaktabbruchs und mögliche negative Folgen dieses Beziehungsverlusts für die eigene Persönlichkeitsentwicklung abzuschätzen und selbst wenn sein Wille beeinflusst ist, kann die Gefahr für das Kind im Fall einer zwangsweisen Durchsetzung des Umgangs größer sein als die Gefahr, die von einem völligen Abbruch des Kontakts zum Vater ausgeht. 
Az 10 UF 57/13, Beschluss vom 6.10.2015